Rumpfstabilisation in Alltag und Sport
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Das Training der Rumpfstabilität hat seit längerem seinen festen Platz im Leistungstraining, erfreut sich aber auch im Hobby- und Breitensport immer größerer Aufmerksamkeit. Und dies aus gutem Grund: Wenn für die meisten Leistungs- und Profisportler die Leistungsfähigkeit der Körpermitte – sprich des Rumpfes – eines der größten körperlichen Erfolgsfaktoren darstellt und auch stark über die Dauer einer Profikarriere entscheiden kann, so hat die Rumpfstabilität auch im Alltag jedes Nicht-Sportlers enorme Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine instabile, nicht leistungsfähige Körpermitte kann Über- bzw. Fehlbelastungen durch langes und falsches Sitzen bzw. schwere körperliche Arbeit nicht ausgleichend entgegenwirken und kann somit Ursache für Hals-, Rücken- und Hüftbeschwerden unterschiedlichster Ausprägung sein. Ein starker Rumpf trägt zudem auch zur Verletzungsprävention bei, da er es beispielsweise ermöglicht, in Sturzsituationen (Eisfläche, Gehsteigrand, Ausweichmanöver) schneller zu reagieren und verletzungsverhindernde Ausgleichsbewegungen einzuleiten. Diese Fähigkeit wird besonders mit steigendem Lebensalter wichtig, um ein möglichst hohes physisches Wohlbefinden und Selbstständigkeit beizubehalten.
Die Körpermitte beinhaltet sowohl die tiefliegende Bauch- und Rückenmuskulatur, das Zwerchfell und die Muskeln des Beckenbodens. Es hat sich herausgestellt, dass die meisten Bewegungen der Extremitäten (Beine und Arme) ihren Ursprung ebenfalls im Rumpf nehmen, d.h. dass bereits Sekundenbruchteile vor der eigentlichen Arm- bzw. Beinbewegung eine muskuläre Aktivierung im Rumpf erfolgt. Nicht zu Unrecht wird demnach der gesamte Rumpf auch als die Körpermitte angesehen.
Aus diesem Grund ist es für jedermann sinnvoll, die rumpfstabilisierende Muskulatur regelmäßig (zwei bis dreimal wöchentlich) zu trainieren. Die gute Nachricht dabei ist, dass ein solches Training mit relativ geringer Intensität und mit wenig technischem Aufwand möglich ist, zumal es primär ein Training der Sensomotorik und der Koordination und nicht der rohen Kraft darstellt. Das heißt, diese Muskulatur wird primär durch bewusstes atmen, Aufmerksamkeit und fein dosierte Kontraktionen trainiert.
Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:
Die Lendenwirbelsäule weist eine natürliche nach vorne hin konvexe Krümmung auf (Lordose, „Hohlkreuz“). In Rückenlage auf einer Matte besteht nun die Aufgabe, diese Lordose in einer Krümmung zu halten, dass sozusagen nur eine Ameisenstraße darunter durchwandern könnte. Im nächsten Schritt soll nun unter Beibehaltung dieser Liegeposition der Nabel eingezogen werden. Dies ist für viele Menschen (v.a. Sportler) schwer, da häufig sehr viel Intensität darauf verwendet wird, die Lendenwirbelsäule zu bewegen. Um diese Übung richtig umzusetzen, bedarf es also eine Reduktion der Intensität und eine Konzentration und Koordination er dafür erforderlichen Muskulatur.
Im nächsten Schritt versucht man auch den Beckenboden leicht anzuspannen, indem man die Genitalien „einzieht“ ohne dabei eine Bewegung auszulösen bzw. ohne das Gesäß anzuspannen. Wer dann auch noch sein Zwerchfell aktivieren möchte, kann dabei in eine sanfte Pressatmung übergehen. Mit diesem Programm aktiviert man seine lokalen Stabilisatoren und bereitet sich auch für ein dynamisches Training der Bewegungsmuskeln vor. Diese Aktivierung und Krümmung der Lendenwirbelsäule gilt es auch bei komplexeren Übungen beizubehalten.
In unserem Trainingszentrum setzen wir dazu auch Hilfsmittel wie Wackelbretter, Pezzibälle, Slack-Lines und TRX-Bänder/Schlingen ein, welche ein umfangreiches und abwechslungsreiches Rumpftraining ermöglichen.
Der Pezziball (großer Gymnastikball in Knie- bis Hüfthöhe) kann beispielsweise dazu verwendet werden, darauf zu sitzen oder am Bauch zu liegen, ohne dabei den Boden mit den Extremitäten zu berühren. Aus dem Ski-Sport kennen viele auch die Möglichkeit auf solchen Bällen zu knien oder zu stehen. All diese Balance-Varianten fordern den Rumpf zu Stabilisations- und damit Kräftigungsarbeit heraus und können mit seinem durchaus spielerischen Charakter das Training auch unterhaltsamer machen.
Genauso verhält es sich mit Wackelbrettern, welche in verschiedensten Ausführungen auch für den privaten Gebrauch im Sporthandel erhältlich sind. Die Rumpfstabilisatoren werden bereits mit einfachen ein- oder zweibeinigen Balanceübungen aktiviert. Eine Progression erfährt man beispielsweise damit, seinen Körperschwerpunkt etwas zu verlagern, darauf Übungen mit leichten Kurzhanteln durchzuführen oder indem man versucht, dabei gleichzeitig Tennisbälle zu fangen.
Einst nur im Therapiebereich angewendet, finden nun Slings bzw. TRX-Bänder auch im Trainingsalltag enormen Zuwachs und sind ein hervorragendes und leicht handhabbares Instrument zur Rumpfkräftigung. Darunter versteht man Seile welche von der Decke hängen und mit Schlaufen versehen sind – in ihrer Funktion vergleichbar mit Ringen für Turner. Man kann sich somit mit den Unterarmen, Händen und Beinen in den Schlaufen abstützen und ein schier unerschöpfliches Repertoire an Kräftigungs- und Stabilisations-Übungen ausführen.
Zur Kräftigung der Schulterblattfixatoren empfehlen wir unseren Kunden oft, darauf eine abgeschwächte Variante von Klimmzügen durchzuführen, wobei die Schlaufen etwa auf Brusthöhe eingestellt werden. Der Klient hat Bodenkontakt, hält sich an den Schlaufen fest und lässt sich kontrolliert nach unten sinken, bis die Arme ausgestreckt sind. Dabei soll der Rumpf stabil und flach gehalten werden (siehe oben „Aktivierung der Rumpfstabilisatoren und Ameisenstraße“). Im Idealfall hängt der Körper nun in ca. 45° zwischen den Schlingen und dem Boden. Nun gilt die Anweisung, sich langsam mit den Armen nach oben zu ziehen, wobei die Ellbogen im rechten Winkel vom Körper weggedrückt werden. Damit werden nicht nur die Oberarme, sondern vor allem die stabilisierenden Muskeln um die Schulterblätter sowie die obere seitliche Rückenmuskulatur beansprucht. Als Steigerung kann diese Übung natürlich auch einbeinig durchgeführt werden, womit auch die Hüftmuskulatur verstärkt aktiviert wird. Je nach Leistungsgrad können dabei drei bis vier Sätze mit 6 – 12 Wiederholungen durchgeführt werden. Bei regelmäßigem Training fördert diese Übung auch die gesunde, aufrechte Haltung der Wirbelsäule.
Diese kleine Auswahl an Übungen zeigt bereits, wie umfangreich, abwechseln und einfach ein Rumpfstabilisationsprogramm sein kann. Wer keine (Klein-)Geräte zu Verfügung hat, kann schließlich immer auf sein eigenes Körpergewicht zugreifen und dieses bietet schließlich für jeden den natürlichsten Trainingswiderstand. Die Übungen können so konzipiert und dosiert werden, dass sie für jeden Leistungsgrad und jedes Alter umsetzbar sind.
Es versteht sich von selbst, dass ein regelmäßiges Rumpfstabilisationsprogramm nur einen kleinen – aber wichtigen – Teil eines gesundheitsorientierten Trainingsprogrammes darstellen kann und nur in Kombination mit regelmäßigem Herz-Kreislauf-Training und dem Training der anderen Körperteile die besten Effekte erzielt.